Die Entstehung der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät

Die Philosophische Fakultät ist aus der mittelalterlichen Artistenfakultät (septem artes liberales) hervorgegangen, welche die Aufgabe hatte, auf die drei Hauptfakultäten Theologie, Jurisprudenz und Medizin vorzubereiten. Die organisatorische Gleichstellung mit den übrigen Fakultäten erfolgte mit dem Universitätsgesetz von 1818.

Das Universitätsgesetz vom 30. Juni 1866 schaffte dann innerhalb der Philosophischen Fakultät zwei Abteilungen, die philologisch-historische und die mathematisch-naturwissenschaftliche, zwei Bestandteile, "deren Bestehen sich faktisch längst geltend gemacht hat". Die Abteilungen entschieden vor allem über die Zulassung zu den Doktorexamen. Fast alle anderen Aufgaben gehörten in den Geschäftskreis der Gesamtfakultät. Sie führte auch die Matrikel.

1878 wurden die Examen der beiden Abteilungen etwas stärker von einander abgehoben.
Die Fakultätsordnung vom 14. Juni 1887 umschrieb die Aufgaben der Abteilungen genauer. Die Kompetenzen von Fakultät und Abteilungen blieben jedoch fast gleich wie 1886. 1905 erweiterte sich der Aufgabenbereich der Abteilungen geringfügig.

Erst mit dem Universitätsgesetz von 1937 fand die institutionelle Aufgliederung in die Philosophisch-Historische Fakultät und die Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät statt.

(Aus dem Universitätsarchiv Akten XI A)


Mathematisch-naturwissenschaftliches Seminar

Das Seminar trat mit dem Sommersemester 1866 ins Leben. Es hat den Zweck, Studierende, welche sich der Mathematik oder den Naturwissenschaften widmen, bei der selbständigen Bearbeitung wissenschaftlicher Aufgaben anzuleiten und zu unterstützen.

Sämtliche Lehrer der Mathematik und der Naturwissenschaften an der philosophischen und medicinischen Fakultät, welche sich dazu verständigen, werden als Lehrer des Seminars betrachtet. Die Anmeldung der Studierenden zur Betheiligung an dem Seminar geschieht bei den betreffenden Lehrern.

Zur Aufmunterung des Fleisses oder zur Erleichterung bei den durch die Arbeiten veranlassten Unkosten können für eingelieferte Arbeiten Prämien in Form von Geld, Apparaten oder Büchern ertheilt werden, wofür ein jährlicher Kredit von Fr. 500 ausgesetzt ist. Eine grössere Anzahl von zum Theil trefflichen Arbeiten vorgerückter Studierender, meist mathematischen Inhaltes, sind aus dem Seminar hervorgegangen und mit Prämien bedacht worden. Hermann Kinkelin

(aus: Die Universität Basel in den fünfzig Jahren seit ihrer Reorganisation im Jahre 1835, zusammengestellt von Prof. Dr. Albert Teichmann, 1885, S. 119)


Physikalische Anstalt

In den letzten 11 Jahren war die physikalische Anstalt bestrebt, durch Anschaffung neuer Apparate dem Bedürfnis zu entsprechen, so weit die sehr bescheidenen Mittel dies möglich machten.

Als eine besondere Einrichtung, die sich sehr erprobt hat, erwähnen wir die Aufstellung einer von der Maschinenfabrik Burckhardt & Cie. in Basel hergestellten Luftpumpe, welche vom Gasmotor getrieben wird und es jederzeit ermöglicht, in den Hörsälen und Laboratorien Verdünnung bis zu 2 1/2 Millimeter Quecksilberdruck und Verdichtung bis zu 20 Atmosphären herzustellen.

Die folgende Zusammenstellung giebt zum Vergleich die Summen an, welche in den 11 Jahren 1874 bis 1884 und in den 11 Jahren 1885 bis 1895 vom Staat, von freiwilligen Gesellschaften, d.h. von der akademischen Gesellschaft und dem Museumsverein, und von Freunden der physikalischen Anstalt zur Anschaffung von Apparaten und zur Bestreitung der laufenden Ausgaben zugeflossen sind: 

1874-18841885-1895
vom StaatCHF 13.80031%CHF 16.10037%
von freiwilligen GesellschaftenCHF 10.57224%CHF 12.76530%
von FreundenCHF 19.82645%CHF 14.43433%
im ganzen in 11 JahrenCHF 44.198CHF 43.299 
durchschnittlich in einem Jahr CHF 4.018 CHF 3.936

Ausser den erwähnten Geschenken in Geld sind von Gönnern noch verschiedene Apparate, besonders solche, die historisches Interesse haben, der Anstalt übergeben worden.

E. Hagenbach-Bischoff (aus: Die Universität Basel in ihrer Entwicklung in den Jahren 1885 – 1895, zusammengestellt von Prof. Dr. Albert Teichmann, 1896, S. 39/40)


Chemische Anstalt

In den letzten zehn Jahren hat die chemische Anstalt keine andern wesentlichen Ereignisse zu verzeichnen, als eine stetige Zunahme der Praktikantenzahl. Während, bei Gründung des Bernoullianums, die Arbeitsräume für 25 Praktikanten geplant und eingerichtet worden waren, war ihre Zahl im Sommer 1885 bereits auf 41, und im Sommer 1895 auf 58 gestiegen.

In dieser zehnjährigen Periode betrug der Durchschnitt für das Wintersemester 34,4; für das Sommersemester (in welchem die Mediziner unser analytisches Laboratorium besuchen) 44,1; im Mittel 39,25.

Dass eine solche Überfüllung zeitweise mit Übelständen verbunden war, ist begreiflich; denselben wurde jedoch durch die Gründung anderer Speziallaboratorien abgeholfen. Unsere Centralanstalt im Bernoullianum wird ihre doppelte Aufgabe, einerseits der wissenschaftlichen Lehre, durch den theoretischen und praktischen Unterricht in der unorganischen, organischen und analytischen Chemie, anderseits der wissenschaftlichen Forschung, durch Originalarbeiten in diesen Gebieten, wie bisher zu fördern suchen. In den letzten zehn Jahren sind 49 Doktordissertationen aus unserer Anstalt hervorgegangen.

J. Piccard (aus: Die Universität Basel in ihrer Entwicklung in den Jahren 1885 – 1895, zusammengestellt von Prof. Dr. Albert Teichmann, 1896, S. 42)

Zum Vergleich: vom 10.01.1992 bis 31.12.2001 haben 249 Doktoranden promoviert!

Studentenschaft vor 150 Jahren und heute:

  • Studierende im Jahr 1852: total 67 (Durchschnittszahlen)
  • Studierende im Jahr 1869: SS: 115, WS: 112, davon Philosophen: SS: 20, WS: 21
  • Studierende im Jahr 1894: SS: 534, WS: 527 (davon 11 weibliche Studierende), Philosophen: SS 146, WS: 157
  • Studierende im Jahr 1977: SS: 5209 (davon 1416 weibliche Studierende), Phil. II: 1071 (davon 217 Frauen)
  • Studierende im Jahr 2002: WS: 8034 (davon 4082 weibliche Studierende), Phil. II: 1653 (davon 701 Frauen)

(Aus: Die Universität Basel in den fünfzig Jahren seit ihrer Reorganisation im Jahre 1835, zusammengestellt von Prof. Dr. Albert Teichmann, 1885, S. 62, und Die Universität Basel in ihrer Entwicklung in den Jahren 1885 – 1895, zusammengestellt von Prof. Dr. Albert Teichmann, 1896, S. 65, und Die Universität Basel 1960 – 1985, Georg Kreis, 1986, S. 118, und Jahresbericht 2002, S. 40/41)

Fakultätssiegel

 

Alle wichtigen Siegel der Universität Basel stammen, wenigstens dem Motiv nach, aus dem 15. oder 16. Jh. – bis auf eines: dasjenige der Philosophisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.

Nach der Verselbständigung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Abteilung der Philosophischen Fakultät im Jahre 1937, konnte diese neugeschaffene Fakultät das Artistensiegel sowohl wegen des Sujets als auch aus praktischen Erwägungen nicht mehr benützen. Sie schaffte sich ein Neues an, das alle anderen an Grösse übertraf; vielleicht wollte sie damit dokumentieren, dass ihr als Verwalterin der exakten Wissenschaften die Gegenwart besonders geneigt sei und ihr die Zukunft die reichsten Entwicklungsmöglichkeiten biete.

Ein Basilisk als Symbol der ungebändigten, wilden Natur hält die logarithmische Spirale, das Symbol der durch den menschlichen Geist gebändigten Natur, umklammert. Jacob I. Bernoulli hatte sich dieses Zeichen zum Schmuck seiner Grabplatte bestimmt. Es findet sich ausser auf seinem Epitaph im Münsterkreuzgang auch im Amphitheater des Bernoullianums. Dieses gediegene, moderne Siegel reiht sich würdig an die alten an. Der Eifer, mit dem die Fakultät die Entwicklung ihres Insigniums betrieben hat, lässt erkennen, dass ein Fakultätssiegel immer noch ein unentbehrlicher Gebrauchsgegenstand ist.

Das Siegel wurde 1938 nach Angaben der Fakultät und ersten Entwürfen des Kunstmalers Otto Plattner (Liestal) von Medailleur Hans Frei (Riehen) angefertigt. Ein nach links blickender Basilisk hält mit seinen beiden klauenbewehrten Füssen einen leicht geschwungenen und oben geschweiften Schild, auf dem die Logarithmische Spirale der Mathematiker Bernoulli mit der kreisrunden Umschrift ● EADEM ● MVTATA ● RESURGO ● zu erkennen ist.

Der in einen Pfeil auslaufende Schweif des Basilisken, der untere Teil des Wappens und der hahnenartige Kopf, ragen über das innere Kreisfeld hinaus. Die Umschrift in modernen Kapitalbuchstaben heisst:
S ● O ● PHILOSOPHORVM / ET PHYSICORVM ●


Auszug aus: Lukas Wüthrich, Die Insignien der Universität Basel, Studien zur Geschichte der Wissenschaften in Basel, Band VIII, Basel 1959